Das neue Anti-Pirateriegesetz, kurz ACTA, welches derzeit in den verschiedenen Parlamenten ratifiziert wird, stellt eine ernsthafte Bedrohung der Freiheiten des Internets dar.
Zuerst wurde es zwar als notwendige Maßnahme gegen digitale Produktpiraterie angepriesen, doch immer mehr Internetnutzern und auch Politikern wird nun bewusst, dass ACTA der Zensurwolf im Schafspelz ist! In Polen konnten ausgedehnte Proteste bereits die Ratifizierung des Gesetzes stoppen. Nun ist es an der Zeit in Österreich und Deutschland für Aufmerksamkeit zu sorgen und für die Freiheit des Internets einzustehen!
Update 11.02.2012:
Der Protesttag ging heute Nachmittag friedlich über die Bühne der Innsbrucker Altstadt. Über 800 Menschen beteiligten sich an der Demonstration gegen das ACTA-Gesetz.
Informationen zu ACTA:
Die Abkürzung „ACTA” steht für das geplante Handelsabkommen „Anti-Counterfeiting Trade Agreement”. Die Intention der teilnehmenden Staaten ist offiziell, den Kampf gegen das angeblich wachsende Problem der Produktpiraterie damit verbessern zu wollen und die Verletzung von Patenten, z.B. im Bereich der Pharmazie, sowie von kreativen Leistungen, die etwa Musiker und Autoren erbringen, weitgehend zu unterbinden.
Zu den Teilnehmern gehören die Schweiz, die USA, alle EU-Länder, Kanada, Japan, Korea, Singapur, Australien, Neuseeland, Mexiko, Jordanien, Marokko und die Vereinigten Arabischen Emirate.
An sich ist das ja eine zu befürwortende Initiative, um etwa Künstler, deren Produkte illegal im Internet kursieren, den Lebensunterhalt zu sichern. Doch versteckt hinter den offiziellen guten Ambitionen, wird quasi versteckt durch die Hintertüre eine heftige Zensur des Internets mit eingeführt. Die Kritikpunkte sollen im folgenden erklärt werden:
- Geheimniskrämerei: Am Rande des G‑8-Gipfels in Sankt Petersburg im Jahr 2006 trafen sich unbemerkt von der Öffentlichkeit Regierungsvertreter aus den USA und Japan mit Vertretern der mächtigen Verwertungsindustrien und handelten ein multilaterales Handelsabkommen aus. Kurz danach wurden weitere Staaten mit ins Boot geholt. 2008 kam es dann zu den ersten detaillierten Verhandlungen über ACTA in Genf, ebenfalls hinter verschlossenen Türen. Absolute Vertraulichkeit wurde vereinbart und in der Öffentlichkeit kursierten lediglich Gerüchte über ein kommendes radikales Gesetz zur Sperrung des Internets.
Erst bei den abschließenden Verhandlungsrunden im Dezember 2010 in Sydney bekam die Öffentlichkeit endlich eine Bestätigung ihrer Befürchtungen! „Entweder du sitzt mit am Tisch, oder du stehst auf der Speisekarte!” Mittlerweile wurde das Gesetz von den meisten Teilnehmerparlamenten bereits im Eiltempo ratifiziert – die Zeit zu Handeln wird also immer knapper! - Überwachung allen Datenverkehrs: Um zu wissen, wer, wann, wo, mit wem, welche Daten ausgetauscht hat, versucht ACTA an den Knotenpunkten des Datenverkehrs – den Internetdienstanbietern (Providern) – anzusetzen. So sollen diese gezwungen werden, den Kommunikationsverkehr all ihrer Kunden zu überwachen und gegebenenfalls Verstöße gegen das Urheberrecht den Behörden zu melden.
Dieses Vorgehen würde bedeuten, dass die Provider jedes einzelne Datenpaket ihrer Kunden öffnen, reinschauen und analysieren müssten. Zudem können die Provider auch direkt für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kunden haftbar gemacht werden!
Das wäre so, als würde die Post grundsätzlich jeden Brief und jedes Paket vor der Auslieferung öffnen, den Inhalt überprüfen und in Verdachtsfällen die Behörden einschalten! - Verletzung des Datenschutzes: Da die Provider also rechtlich zur Überprüfung des gesamten Datenverkehrs all ihrer Nutzer gezwungen werden, besteht neben einer möglichen Verteuerung des Internetzugangs für den Endverbraucher, natürlich auch die große Gefahr des Mißbrauchs privater Daten.
Wer genau hat Zugang zu den Daten? Nach welchen Kriterien werden sie gefiltert? Werden diese gespeichert? Wie gut sind die Daten vor Hackern geschützt? Man wird es sich in Zukunft zweimal überlegen müssen, ob man private Informationen, in welcher Form auch immer, über das Internet kommunizieren will! - Generalverdacht unter Ausschaltung der Unschuldsvermutung: Durch ACTA wird automatisch jeder Nutzer von Musik- oder Videodateien im Internet unter den Generalverdacht der Urheberrechtsverletzung gestellt! Ob und wie nun Internetplattformen wie z.B. YouTube betroffen sein werden, ist unklar.
- Einführung von Internetsperren & Zensur: Da im Gesetz vieles ungenau beschrieben und schwammig definiert ist („Gummiparagraphen”), liegt es wohl im Auge der Behörden, wo ein Eingreifen erforderlich sein wird. Fast alle Blogs zeigen z.B. verschiedenste Videoclips, Bilder, Musik oder Zitate auf ihren Seiten (so auch wir).
Möchte man nun einen politisch kritischen Blog einfach aus dem Internet entfernen, so besteht mittels ACTA die einfache rechtliche Möglichkeit dazu! Wer hat hier die Kontrolle? - Kontrollfunktion auf den Welthandel: Auch andere Bereiche außerhalb des virtuellen Raums können von ACTA betroffen sein. So sieht die Pharmaindustrie ihren Nutzen in Form einer strengeren Durchsetzung ihrer Patentrechte auf Medikamente in der 3. Welt. Durch ACTA kann der Handel mit billigeren Generica weitestgehend unterbunden werden, was vielen Menschen dort den Zugang zu essentiellen Chemotherapeutica verwehren würde.
Hier noch zwei kurze Videos, welche ACTA zusammenfassen:
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Download: hier oder
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Download: hier oder
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Durch das ACTA-Gesetz werden demnach Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt und Datenschutzbestimmungen verwässert. Aufgrund der langen Verhandlungen im Schatten der Öffentlichkeit formiert sich erst jetzt massiver Widerstand in vielen Staaten. Mitte Januar hat die Europäische Union das „Handelsabkommen” ACTA zwar bereits unterschrieben, doch es ist für uns noch nicht zu spät, wenn jetzt gehandelt wird!
Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk stoppte nach den großen öffentlichen Protesten im Januar bereits die Ratifizierung von ACTA! Für den 11. Februar sind weltweit Demonstrationen geplant und in Österreich wird es neben Innsbruck auch in Wien, Graz und Salzburg Proteste geben. Informiert euch und handelt – zusammen können wir mehr bewegen!
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Es ist außerdem eine Online-Petition von Avaaz im Gange, welche dem EU-Parlament übergeben werden soll: Mittlerweile haben schon über 2,16 Mio. Menschen die Petition unterschrieben (Stand: 11.02.12)! Hier geht’s zur Petition.
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Weitere Links:
- http://www.stopp-Acta.info/
- http://wiki.stoppacta-protest.info/AT:Demo:Innsbruck
- http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/michael-brueckner/big-brother-2-acta-angriff-auf-die-freiheit-im-internet.html;jsessionid=A11779DFE247B29E2A77D7AB081394F2
- https://netzpolitik.org/2012/ein-kleiner-einstieg-in-acta/
- http://www.wherevent.com/detail/unibrennt-innsbruck-anti-acta-demo-in-innsbruck
Bilder:
- https://www.vibe.at/sites/default/files/acta.jpg
- http://static2.kleinezeitung.at/system/galleries_520x335/ upload/0/5/5/2941997/internetzensur_olly.jpg
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19 Responses to Anti-ACTA Demonstration: Innsbruck am 11.02.2012