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Diesem WDR-Bericht zu Folge soll es sich bei den 50–70 „Helden” am Atomkraftwerk Fukushima 1 um sogenannte, in Japan als „Wegwerfarbeiter” bezeichnete, Niedriglöhner (offenbar angeworbene Obdachlose, Sozialfälle, sogar Minderjährige) handeln, die nun unter Lebensgefahr versuchen den Reaktor zu kühlen:
Gibt es solche Leiharbeiter auch in Deutschland? Laut diesem Spiegelartikel vom 30.12.1985 gab es sie damals schon:
Weit mehr als 10000 Arbeitskräfte verdingen sich jährlich, zusätzlich zum Stammpersonal, für Wochen oder Monate in den knapp 20 westdeutschen Kernkraftwerken und Nuklearfabriken – als Arbeiter, die von Firmen wie Manpower einzeln vermietet werden, oder als festangestellte Mitarbeiter von Betrieben, die regelmäßig mit Aufgaben im Nuklearbereich betraut werden. Branchenjargon: Fremdarbeiter. (…) Der Fremdpersonal-Einsatz ist kein bundesdeutsches Phänomen. Überall, wo in der westlichen Welt Atommeiler laufen greift die Industrie mit Vorliebe auf Aushilfstrupps zurück.
Ist diese Arbeit eigentlich gefährlich? Eine Untersuchung des US-amerikanischen Energieministeriums über den Langzeit-Gesundheitszustand von 146000 Atomarbeitern kam zum Schluss:
Kernkraftler sterben „deutlich häufiger” als die übrige Bevölkerung an Leukämie, Lungen- und Gehirnkrebs, Magen- und Darmkrebs, Prostatakrebs sowie der Hodgkinschen Krebserkrankung. (…) Vor einer „Verharmlosung der genetischen Strahlenfolgen” warnen Wissenschaftler wie der Konstanzer Physiker und Biologe Professor Gerold Adam. Die durch Strahlen bedingten Erbschäden seien zwar „bislang nicht ausreichend erforscht”, um die Gefahr exakt einschätzen zu können. Dennoch ist Adam sicher: „Das Risiko, daß Kinder von Atomarbeitern an Mißbildungen oder Erbkrankheiten leiden werden, ist für diese erheblich größer als für andere Kinder.”
Doch gibt es da nicht Höchstwerte für die erlaubte Strahlendosis?
Aus Sicht von Gesetzeskritikern wie der Wissenschaftlerin Schmitz-Feuerhake ist dieser Grenzwert „eindeutig zu hoch” angesetzt. Denn bei Personen, die dauerhaft mit einer solchen Dosis belastet würden, liege das Risiko, an Leukämie, Krebs oder Knochentumoren zu erkranken, bei 20 Prozent.
Damit „möglichst wenige weitere Menschenopfer” für die Kernenergie gebracht werden, sei, fordert die Strahlenexpertin, der Höchstwert auf ein Zehntel herabzusetzen, auf 0,5 rem.
Die Kernkraftkonzerne schwören, diese Forderung der Professorin längst erfüllt zu haben. Die Rechnung, so beruhigend sie klingt, geht offenbar nicht immer so glatt auf. Bei der „Ermittlung der mittleren Dosisbelastung”, (…) würden mitunter auch Mitarbeiter einbezogen, die gar keiner Strahlenbelastung ausgesetzt seien.
Überdies hegen Experten Zweifel, ob das derzeitige System der Strahlenschutzkontrolle – unter anderem vom Arbeitnehmer mitzuführende Meßgeräte plus Eintragungen im Strahlenpaß – ausreicht. Das Kontrollsystem, fürchtet der DGB, biete jedenfalls „für das Fremdpersonal” und „in der jetzt praktizierten Form keine absolute Garantie für hinreichenden Arbeitsschutz”.
Warum arbeiten dann die Leiharbeiter weiterhin unter solch gefährlichen Bedingungen?
Aus Angst um den Arbeitsplatz traut sich dennoch kaum einer der Fremdarbeiter, einen Einsatz im Atomkraftwerk abzulehnen. Wer sich beschwert, weil es ihm zu gefährlich wird, der ist, wie eine Arbeiterin bei den Hanauer Atombetrieben mitgekriegt hat, schnell „weg von der Quelle”.