Wer nicht gerade draußen das wunderschöne Altweiber-Sommerwetter genießt und seine Vitamin D‑Speicher auffüllt, dem würde ich für ruhigere Momente an diesem Wochenende gerne die brisante Dokumentation „Monsanto – Mit Gift und Genen” empfehlen (orig. nach dem Buch von Marie-Monique Robin: Le Monde selon Monsanto. De la dioxine aux OGM, une multinationale qui vous veut du bien):
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In diesem Arte-Dokumentarfilm von 2008, unter der Regie der Buchautorin Marie-Monique Robin, berichtete die Investigativjournalistin über den skandalumwobenen multinational tätigen Biotechnologiekonzern Monsanto und seine unethischen Marktstrategien.
Monsanto wurde 1901 als Chemieunternehmen gegründet und ist heute ein börsennotierter Konzern mit Sitz in St.Louis im US-Bundesstaat Missouri, mit einem jährlichen Umsatz von 10,502 Mrd USD. Auf der Börse wird der Konzern gar mit 36 Mrd. USD dotiert. Monsanto betreibt Niederlassungen in 61 Ländern und beschäftigt weltweit über 21 400 Mitarbeiter (Stand 2010).
Anfänglich produzierte Monsanto das Süßungsmittel Saccharin und den anregenden Stoff Coffein. Der Konzern wurde bereits 1917 zum ersten Mal von der US-Regierung aufgrund der vermuteten Schädlichkeit von Saccharin verklagt, allerdings ohne Erfolg.
Monsanto erwirtschaftete in der Vergangenheit schon gewaltige Geldsummen mit anderen umstrittenen Produkten wie z.B. Agent Orange, der Chemikalie PCB oder dem bovinen Wachstumshormon (rBGH), welche allesamt aufgrund ihrer Schädlichkeit auf Mensch und Umwelt mittlerweile in der EU, Kanada und tlw. auch weltweit verboten sind (mehr über deren Schädlichkeit: siehe weiter unten!).
Heutzutage liegt ein Hauptaugenmerk von Monsanto auf der Entwicklung und der Verbreitung von Pestiziden und Genetisch Modifizierten Organismen (GMOs) sowie auf der Durchsetzung von deren Patentrechten.
Erfolgreich ist der Konzern auf dem Agrokultur-Sektor besonders deshalb, weil er beste internationale Beziehungen zu verschiedenen Regierungsbehörden hat, wirtschaftlichen und psychischen Druck auf Bauern weltweit ausübt oder sogar nachweislich Gutachten manipuliert, um seine Produkte auf den Markt zu bringen. Dabei greift der Konzern neben vehemmentem Lobbying (z.B. in der EU und den USA) auch auf illegale Praktiken wie der absichtlichen Verbreitung von GMO-Samen in der Umwelt und damit der Einschränkung der natürlichen Biodiversität zurück, um dadurch den Farmern die Benützung der eigenen Pestizide und Patente aufzuzwingen. Dass nebenbei der ganze Planet mit GMOs genetisch verschmutzt wird, scheint Monsanto nicht zu stören, sondern gar anzustreben.
Monsanto wird seit jeher von verschiedenen Skandalgeschichten begleitet. So zeigt Robins Dokumentation z.B., dass Monsanto seit Jahrzehnten über die hochtoxische Wirkung von PCB (Polychlorierte Biphenyle), eines der schlimmsten Umweltgifte, Bescheid wusste. Trotzdem erhielten die Verkäufer die Anweisung, darüber zu schweigen.
In Verruf geriet die Firma auch wegen des Verkaufs des Wachstumshormons rBGH (rBST, Handelsname: Posilac) für Kühe, von denen man sich dadurch höhere Milcherträge erwartete. In Europa und Kanada sind sie zum Glück verboten: Risiken für Verbraucher, welche die Milch von entsprechend behandelten Kühen trinken, konnten nicht ausgeschlossen werden. So leiden viele der behandelten Milchkühe unter Mastitis (schmerzhafte Entzündungen der Milchdrüsen), wodurch Eiter in die Milch gelangen kann. Mahlzeit! Allerdings versuchte Monsanto in den USA Molkereien gerichtlich zu zwingen, nicht mehr mit dem Aufdruck „rBGH-frei” zu werben.
In welcher Form sich das Lobbying von Monsanto in den Regierungskreisen bezahlt macht, sieht man Anhand solcher Beispiele: So soll der Konzern nun in einem zweijährigen Pilotprojekt selbst die gesetzlich vorgeschriebenen Umweltverträglichkeitsprüfungen seiner Produkte durchführen, wie das US-Landwirtschaftsministerium Anfang April in einer Notiz im Bundesregister bekannt gab. Das neue Prozedere des US-Ministeriums, das „schneller, effizienter und kostengünstiger“ sein soll, ermöglicht in Zukunft Konzernen wie Monsanto die Auswirkungen gentechnisch veränderter Saaten auf die Umwelt selber festzustellen und zu bewerten (Dank an Totems für den Hinweis!). Dass voraussichtlich nur positive Testergebnisse veröffentlicht werden ist wohl jedem bewusst. Es ist ja auch immer gerecht, wenn der Mörder seinen Prozess selber führt, nicht wahr … ?
Ulrike Brendel, Gentechnikexpertin von Greenpeace, meint dazu: „Das global agierende Unternehmen verfolgt ein atemberaubendes Ziel: Es will die globale Landwirtschaft vollständig unter seine Kontrolle bringen.”
Dabei greifen Monsantos Strategien wie Zahnräder ineinander: Einflussnahme auf Politik und Wissenschaft, Aufkauf konkurrierender Unternehmen, aggressiver Erwerb von Patenten, Kontrolle von Landwirten und Inkaufnahme der Kontamination unserer Nahrungsmittel mit Gen-Pflanzen.
Monsanto ist das Paradebeispiel eines hemmungslosen unmoralischen Kapitalismus, das sich allen Gesetzen und Institutionen zu widersetzen vermag, mit Hilfe menschlicher Schwächen wie Gier seine Interessen durchsetzt, und ungeachtet aller Schäden an Mensch und Tier, an der Umwelt und aller folgenden Generationen auf diesem Planeten nur zwei Ziele verfolgt: Geld und Macht.
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Hier noch einige Details zu brisanten Produkten von Monsanto:
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- Agent Orange (Dioxin): Dabei handelt es sich um das Entlaubungsmittel in den namensgebenden orangen Behältern, mit dem die US-Invasionsmacht während des Vietnamkriegs ganze Urwälder inklusive der Nutzpflanzen vernichtete und hunderttausende von Menschen, die lokale Bevölkerung wie auch die eigenen Soldaten, vergiftete.
Ein Wirkstoff dieses Herbizids bildet die Stoffklasse der Dioxine (Für Interessierte: 2,3,7,8‑Tetrachlordibenzodioxin; gehört zu den halogenierten polyzyklischen Kohlenwasserstoffen zu denen auch das unten genannte PCB gerechnet wird). Während die amerikanischen Soldaten mittlerweile für die Folgeschäden durch das Dioxin entschädigt wurden, leidet die vietnamesische Bevölkerung bis heute unter den schlimmen Folgen des Gifts – vor allem Kinder zählen zu den größten Opfern. Von Entschädigung ist leider weiterhin nirgends die Rede. So wurde eine Klage der vietnamesischen Vereinigung der Opfer von Agent Orange gegen Monsanto und weitere Chemiekonzerne im März 2005 von einem US-amerikanischen Bundesgericht abgelehnt.Dioxine betreffen u.a. das Immunsystem, die Atemwege sowie den Fettstoffwechsel und haben insbesondere negative Auswirkungen auf den Fetus (Teratogenität). Neben der akuten Schädlichkeit für das Nerven‑, das Blut‑, das Stoffwechsel- und das Reproduktionssystem kann es bei akuten hohen Dioxinkonzentrationen und bei chronischen Vergiftungen neben der gefürchteten Chlorakne auch zu Tumorerkrankungen (bes. Lebertumoren) kommen.
Die halogenierten polyzyklischen Kohlenwasserstoffe bleiben lange in der Umwelt und im menschlichen Organismus (Halbwertszeit 5–7 Jahre; man rechnet in der Toxikologie mit etwa 4–5 Halbwertszeiten bis eine Substanz als aus dem Körper eliminiert gilt) bevor sie wieder über die Galle und den Darm ausgeschieden werden. Sie reichern sich besonders in der Leber und im Fettgewebe an und werden dementsprechend in hohen Mengen über die Muttermilch weitergegeben.
Neben der massiven Verwendung in Agent Orange in der Vergangenheit können Dioxine über verunreinigte Biozide, PCB und nahezu alle Verbrennungsprozessen bei Anwesenheit von Chlor (Motoren, häuslichem Kaminruß, Zigarettenrauch) in die Umwelt gelangen. Aufsehenerregend war auch ein Zwischenfall 1976 in einer oberitalienischen Fabrik in Seveso bei dem 1000g Dioxin in die Umwelt gelangten und große Gesundheitsschäden in der Bevölkerung anrichtete. Mittlerweile haben sich Dioxine in alle Ecken und Enden des Globus über Luft und Wasser verteilt und sind in praktisch allen Organismen auf der Erde nachweisbar.
- PCB (polychlorierte Diphenyle): Dabei handelt es sich um giftige und krebsauslösende chemische Chlorverbindungen (gehören auch zur Klasse der halogenierten polyzyklischen Kohlenwasserstoffe), die bis in die 1980er Jahre vor allem in Transformatoren, elektrischen Kondensatoren, in Hydraulikanlagen als Hydraulikflüssigkeit, sowie als Weichmacher in Lacken, Dichtungsmassen, Isoliermitteln und Kunststoffen verwendet wurden und heute noch dementsprechend aus manchen Baumaterialien nachwirken können.
Die akute Giftigkeit von PCB ist gering, wohingegen eine chronische Toxizität schon bei geringen Mengen festzustellen ist. Wie auch bei Agent Orange zeigt sich eine Vergiftung mit PCB u.a. anhand von Schwäche, Müdigkeit, Sehstörungen, Chlorakne, Leberschäden, fetalen Schäden und allgemeiner Immunschwäche mit allen Folgen wie erhöhter Infektanfälligkeit. Diese Stoffgruppe steht ebenfalls in Verdacht Krebs auszulösen.
In der Nahrungskette konnte sich PCB aufgrund der breiten Anwendungsgebiete und der speziellen chemischen Eigenschaften global umfassend anreichern.
- Gen-Pflanzen: Tatsächlich stammen 90% aller weltweit angebauten Gen-Pflanzen vom Konzern Monsanto. Über Patente sichert sich der Konzern weitreichende Zugriffsrechte auf die Produktion dieser Lebensmittel, weshalb die Ernten somit nicht dem Landwirt allein gehören. Über exklusive Nutzungsrechte kann der Konzern auf die Preise der Lebensmittel Einfluss nehmen, denn selbst die verarbeitete Ernte, also das Endprodukt, ist im Patentanspruch enthalten.
Erschwerdend hinzu kommt noch, dass die Bauern das neu gewonnene Saatgut aus der eigenen Genernte nicht verwenden dürfen, sondern jedes Jahr aufs Neue die Samen von Monsanto kaufen müssen.
Desweiteren züchtet Monsanto Gen-Pflanzen, welche gegen dessen Breitband-Unkrautvernichtungsmittel Roundup mit dessen Hauptwirkstoff Glyphosat immun sind. Dieses Herbizid findet weltweit breite Anwendung in der Industrie und unter Hobbygärtnern. Zwar dementiert Monsanto die Schädlichkeit von Roundup, allerdings zeigen neue Studien andere Ergebnisse (siehe Clip unten!).
Zwar können Biotechkonzerne wie Monsanto Gen-Pflanzen herstellen, die gegen bestimmte Pestizide und Herbizide wie Glyphosat oder spezifische Parasiten resistent/immun sind, allerdings sind diese Züchtungen dafür anfälliger gegen andere Schädlinge. Dies kann zu enormen Ernteschäden führen, wie es z.B. oft bei den Baumwollfarmern in Indien der Fall ist (zusätzlich besprühen sie ihre Felder meist ungeschützt mit giftigen Chemikalien – siehe dazu auch die Doku 100% Baumwolle Made in India). Dass solche Ernteausfälle häufig im wirtschaftlichen Ruin und leider auch im Suizid der Bauern enden können, stört ein gewinnorientiertes Unternehmen wie Monsanto nicht.
Abgesehen von den genannten Punkten ist eine allgemeine Schädlichkeit von gentechnisch veränderten Organismen für den Endverbraucher nicht auszuschließen. Solange keine genauen Erkenntnisse die wissenschaftliche Gemeinde auf diesem Forschungsgebiet vereinen, haben GMOs auf unseren Tellern generell nichts verloren!
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Die Gesprächsrunde nach dem Film:
(Leider wirkt die Aufnahme an manchen Stellen geschnitten)
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Studien widerlegen Unbedenklichkeit des Herbizids Roundup von Monsanto:
„Roundup ist der Weltmarktführer unter den Pflanzenschutzmitteln und gilt als unbedenklich. Doch neue Studien legen den Verdacht nahe, dass bislang unerkannte Gefahren von dem Mittel ausgehen könnten. Die Behörden allerdings reagieren unzureichend.”
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Eine weitere Dokumentation von Marie-Monique Robin ist Unser täglich Gift, in der sie gewisse bedenkliche Substanzen wie z.B. Pestizidrückstände, das in Plastikverpackungen enthaltene Bisphenol A (BPA) oder den umstrittenen Süßstoff Aspartam in unseren Nahrungsmitteln näher beleuchtet. Erstaunlich ist dabei Robins Analyse der zuständigen staatlichen Zulassungsbehörden in den USA und in Europa, die aufgrund von Interessenskonflikten und Überlastung bei der notwendigen Lebensmitteltestung und der Qualitätssicherung häufig versagen – mit gefährlichen Konsequenzen für die Verbraucher!
Allen, denen dieser Dokumentarfilm gefällt, empfehlen wir den Erwerb des Buches oder der DVD, um die Macher solcher informativer Projekte zu unterstützen und in Zukunft weitere solche Filme zu ermöglichen!
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Verwandte Artikel:
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- Der Pakt mit dem Panda: Was verbirgt sich wirklich hinter der Fassade des WWF?
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Quellen:
- http://de.wikipedia.org/wiki/Agent_Orange
- http://de.wikipedia.org/wiki/Chlorakne
- http://de.wikipedia.org/wiki/Polychlorierte_Biphenyle
- http://de.wikipedia.org/wiki/Monsanto
- http://de.wikipedia.org/wiki/Roundup
- http://de.wikipedia.org/wiki/Marie-Monique_Robin
- http://news.orf.at/stories/2055492/2055474/
- Reichl Franz-Xaver: Taschenatlas der Toxikologie; 2. Auflage; Georg Thieme Verlag; Stuttgart, New York; 2002.
Bilder: u.a.
- http://www.post-gazette.com/magazine/20001105agentorange1.asp
- http://www.vietnamnews.biz/images_store/2009/160/32188.jpg
- http://antiwar.com/orig/austin.php?articleid=3838
- http://forum.goregrish.com/attachments/6a00d8345191c469e200e54f7413958834-640wi-jpg.22978/
- http://www.greenpeace.de/typo3temp/GB/56f14bd299.jpg
- http://www.umweltbrief.de/neu/html/giftig4.gif
- http://www.umweltbrief.de/neu/html/umweltgifte.gif
- http://www.ithaka-journal.net/ithaka/wpForschung1/uploads//2010/02/gentech-mais.jpg
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